Samstag, 7. August 2010
Hardcoredrogengeschichte
sam artemis proud, 13:40h
Fantasie: Kind, Mutter, Spritze, Heroin
Manchmal sehe ich ein Bild vor mir, welches eine ungeordnete Wohnung beinhaltet.
Überall im Raum liegen Spritzen, weiße Pulver und andere Drogen herum.
Ein kleines hilfloses Kind sitzt auf einem unreinen Sofa, während seine vollkommen herunter gekommene Mutter etwas geplättet nach dem nächsten Schuss suchtet.
In der Wohnung befindet sich kein Spielzeug.
Der Gesamte Inhalt ist wahllos verteilt.
Das Kind ist etwa 5 Jahre alt, hat jedoch schon Dinge erlebt, die einige nie erleben werden und fühlt sich viel reifer.
Es ist nichts zum Essen da außer eine offene Chipspackung, deren Inhalt über dem kleinen Tisch ausgeschüttet liegt.
Das Haar der Mutter ist fettig, ihre Kleidung wurde seit Tagen nicht gewechselt.
Häufig übergibt sie sich. Wenn sie sich nicht gerade übergibt, schießt sie sich ab.
Die Wohnung verlässt sie schon seit Wochen nicht mehr außer um zum Dealer zu gehen,
wo sie ihre täglich steigende Menge an Drogen bekommt.
Die Lebensmittelprodukte sind längst abgelaufen, das Geschirr seit Monaten nicht abgewaschen worden.
Ihr Kind versucht seiner Mutter immer wieder zu helfen.
Nach kurzer Zeit gibt es auf, weil es weiß, dass sie sich nicht ändern wird.
Besuch der Mutter kommt selten, das Kind kann niemandem diese Umstände zeigen, da sich sonst das Jugendamt einschaltet und es aus diesem Haushalt in ein Heim oder andere Unterkünfte steckte, wo ihn Körperverletzungen erwarten.
Es gibt keinen Weg zurück und es gibt wahrscheinlich auch keinen Weg aus dieser Misere.
Manchmal erinnert das kleine Kind sich an seine Omas und den einen Opa, der Andere ist im Krieg ums Leben gekommen.
Es hat ihn nie kennen gelernt.
Die Mutter seines Vaters war Prostituierte und kam um’s Leben, als sie sich weigerte einen Freier zu befriedigen.
Der Zuhälter beauftragte einen seiner Aufpasser, sie um zu legen. Mit 4 Schüssen hat man sie erschossen.
Die andere Oma starb an den Folgen der Drogen, wie auch ihr Mann, der sich nach ihrem Tod von einem 27stöckigem Hochhaus in die Tiefe stürzte.
Es gab also niemanden, der sich um das kleine Geschöpf kümmern wollte.
Bereits mit 5 Jahren fing es an zu rauchen, mit 6 an zu kiffen und mit 9 spritze es sich das erste Mal Heroin.
Die Mutter bekam schon lange nichts mehr mit. Sie vegetierte vor sich hin.
Ab und an besuchten sie 2 Männer, die Lederjacken trugen. Darunter verstecken sie ihre Waffen.
Der eine der Männer war vermutlich der Vater des Kindes.
Ein Vaterschaftstest wurde nie gemacht. Man ging davon aus, dass er der leibliche Vater war.
Unterhalt zahlte er nicht. Er war auf der Flucht. Hin und wieder brachte er etwas zum Essen vorbei.
Wenn er drauf war, stellte er diesem kleinen Wesen eine Flasche Vodka und zwei gefüllte Döner vor die Nase.
Der kleine Engel war dankbar dafür auch, wenn er lieber normal aufgewachsen wäre.
Sein Vater war jedes Mal ziemlich schnell wieder weg, nachdem er der Mutter androhte, ihr die Kehle auf zu schlitzen.
Fast immer war er betrunken. Häufig war auch ich betrunken, weil ich es nicht mehr aus hielt.
Dann schlug er mich. Er schlug mich jedes Mal.
Erzählen, dass ich schwul bin, konnte ich ihm nicht. Vielleicht war ich es auch gar nicht. Vielleicht bildete ich es mir ein.
Ich war gerade mal 11 Jahre.
Weil ich mich fast immer im Inneren der Wohnung befand, um mich um meine Mutter zu kümmern,
lieferte mich nie jemand ins Krankenhaus ein.
Mit der Zeit hatte ich die Schnauze voll. Ich wollte weg aus diesen Ruinen.
Auch, wenn sie meine Mutter war, ließ ich sie im Stich.
Ich hatte diesen Jungen kennen gelernt. Er hieß Kalle.
Kalle war bereits 25 und lebte in einer ziemlich herunter gekommenen Wohnung in Kreuzberg.
Es sah und roch dort geradezu wie in einem besetzen Haus.
Heute nahem er mich zum ersten Mal mit auf einen abgelegenen Sportplatz.
Lägst hatte dort niemand mehr Sport getrieben. Unkraut befand sich am Rasen.
Dort, wo sich einmal Umkleideräume und eine kleine Turnhalle befanden, sah man lauter Junkies.
Die eine Frau, die eigentlich nicht viel älter als ich sein konnte, hatte ihr 2 Jahre altes Kind vor sich im Dreck sitzen.
Ich denke, es war Shore, die sie sich spritze. Neben ihr zogen einige Nasen oder rauchten Bong.
Ein fürchterliches Durcheinander. Nicht lange dort gewesen, bot mir bereits ein Ticker Trips an.
Mich schockierte gar nichts mehr. Es war ein Bild der traurigen Kunst.
Die 3 Kästen Bier und etlichen anderen alkoholischen Getränke, waren weg wie nichts.
Betrunken, bekifft und gefixt, verließen mein Kumpel und ich das Gelände, um in eine Kneipe zu gehen.
Zunächst wollte der Zapfer mir keinen Alkohol mehr ausschenken.
Kalle und seine Kumpels drohten ihm an, die Bude auseinander zu nehmen. Mehr weiß ich nicht mehr.
Später wachte ich im Krankenhaus auf. Mir war fürchterlich schlecht, ich übergab mich ständig.
Um mich herum standen viele Ärzte und Schwestern. Verschwommen sah ich sie an.
Alles schmerzte mir. Ich war kurz davor zu sterben. Plötzlich war ich weg aber sie schafften es, mich wieder zu beleben.
Anscheinend hatten sie dies auch getan, als sie mich ins Krankenhaus brachten.
Kalle traf ich Monate später zufällig wieder auf der Straße.
Er beleidigte und grölte mich an, ich solle mich verpissen. Ich würde ihm nur Ärger einbrocken.
Mittlerweile hauste ich übrigens in einer dieser Jugendstellen, nachdem ich den Entzug hinter mich gebracht hatte.
Dort sind sie übrigens nicht sehr sanft mit mir umgegangen.
3 Mal steckten sie mich in Zwangsjacken, 10 Mal fixierten sie mich ans Bett, weil ich versucht habe, einen Betreuer und den Arzt mit der Schere ab zu stechen, als sie meinen Ausbruch verhinderten.
Tage danach fand ich Gefallen an einem Mädchen, das bei uns eingeliefert wurde.
Ich wurde etwas ruhiger. Sie war ebenfalls hier wegen Drogen. Auch sie fixte.
Nun war ich 13 Jahre alt, sie war 16 aber das machte mir nichts aus.
Dafür, dass ich schon im Kindesalter derartige Erfahrungen mit Drogen gesammelt hatte, hatte ich sexuell noch gar keine.
Wie sie mir später erzählte, war sie 5 Jahre anschaffen gegangen.
Sie war ein sehr verletzliches, aggressives Mädchen. Für mich war sie eine Frau, die Frau, die ich haben musste.
Ehe ich mich um sah, zog sie mich in den Toilettenvorraum der Mädchen.
Sie riss mir die Kleidung vom Leib und setzte sich auf mich während ich auf diese Toilette unter mir hatte.
Als ich sie dann später fragte, ob wir nun zusammen sind, behauptete sie, nannte sie mich ‚Arschloch’.
Ich solle mich verpissen. Sie ging auf ihr Zimmer. Von dem Tag an, sprach sie nicht mehr mit mir.
2 Tage später lieferten sie einen Jungen bei mir ein, den sie in mein Zimmer verlegten.
Er trug schulterlanges, schwarzes Haar, das ihm eine Gesichtshälfte verdeckte.
Seine Hose schmückten Karos und sein Shirt enthielt die Aufschrift ‚Proud to be minority!’.
Mein English war nicht gut genug, um diesen simplen Satz zu übersetzen.
Als ich ihn fragte, was das bedeute und, wer er eigentlich ist, überraschte mich seine ehrliche Schüchternheit.
‚Ich bin stolz eine Minderheit zu sein. Damit meine ich, dass in dieser Welt vieles schief läuft. Sie verletzen mich. Ich bin lieber alleine, als mich Leuten an zu passen, die nichts im Kopf haben. Ich heiße übrigens Dorian.’
Nun sollte ich mit Dorian mein Zimmer teilen. Ich mochte seinen Blick. Er war so traurig und verletzlich.
Seine Arme bluteten, weil er sie zuvor auf geschnitten hatte.
Einige Stellen waren mit Verbänden bedeckt, wodurch sein Blut drang.
Als es Nacht war, setzte er sich an meinem Bett auf die Bettkante und starrte mich an.
Ich fragte ihn, was los sei. Wir hatten uns immer gut verstanden. Nun wollte er bei mir im Bett schlafen.
Während ich Dorian in die Augen blickte, hob ich meine Bettdecke an.
Er kuschelte sich an meine Brust. ‚Bitte, schlag mich nicht.’
Warum sollte ich ihn schlagen? - Ich hatte keinen Grund dafür.
Als er dann zitternd eingeschlafen war, küsste ich seine Stirn.
War ich also doch schwul?
Morgens klingelte mein Wecker. Ich wecke meinen kleinen Sonnenschein auf, da die Betreuer gleich kommen würden.
Mit bekommen durften sie dies natürlich nicht.
Seit ich in dieser Jugend-WG, in der ich momentan hauste, durfte ich Dorian nicht mitbringen.
Ich traf mich häufig mit ihm. Es dauerte nicht lange, bis wir wieder rückfällig wurden.
Aber mein Drogenkonsum war zunächst viel geringer als zuvor.
Einmal liebten wir uns in einem Park.
Als ich 15 wurde, lebte ich bei einem Bekannten in Potsdamm. Dorian und ich waren nun schon seit einiger Zeit ein Paar.
Der Bekannte, bei dem wir unter kamen, war übrigens ebenfalls schwul.
Er stand auf mich. Als Dorian dann nach Berlin zurück fuhr, um einige Dinge zu holen, versuchte Marc mich flach zu legen.
Ich machte ihm klar, dass ich das nicht wollte aber er ließ nicht locker.
Nachdem er versucht hatte, mich zu vergewaltigen und ich mich mithilfe eines Messeres gewehrt hatte, betrat mein Freund die Wohnung erneut. Marc war damals der Meinung, ihm würde zu stehen, mit mir zu verkehren, weil wir bei ihm wohnten.
Blutend lag er auf dem Boden. Wir verbanden ihn und brachten ihn ins Krankenhaus.
Nun folgte mir eine Anzeige wegen Körperverletzung. Das war Notwehr! Aber wie sollte ich das dem Richter erklären?!
Mein Freund und ich packten unsere Sachen zusammen und stellten sie in einem Haus unter, das wir von nun an besetzten.
Die erstens Nächte störte uns dort keiner. Ein paar Nächte später lagen in den Badezimmern Spritzen von Junkies.
Eigentlich wollten wir aufgehört haben, zu fixen aber das Leben fickte uns jeden Tag und das war ein Weg zum Runterfahren also taten wir es wieder und wieder.
Kondome benutzen wir nie- egal, mit wem wir verkehrten. Durch die Drogen und die Ausweglosigkeit war uns das egal geworden. Mit 20 erfuhr ich dann, dass er infiziert war. HIV. Glücklicher Weise hatte ich mich nicht angesteckt.
In der Zwischenzeit hatte ich etliche Freunde und auch einige Freundinnen gehabt.
Von wem er es bekommen habe, weiß ich bis heute nicht.
Als ich 18 war, meldete ich mich zum ersten Mal bei der Arge.
Eine Sozialarbeiterin, der ich versicherte, clean zu sein, vertrat mich.
Merkwürdiger Weise bekam ich relativ zügig eine Wohnung und finanzielle Unterstützungen.
Meine Kumples von der Straße wollten alle bei mir einziehen. Als ich den meisten von ihnen klar machte, dass das nicht geht, weil ich in ein normales Leben treten möchte, wendeten sie sich von mir ab.
Einige sprachen nicht mehr mit mir. Andere schlichen mir hinterher und versuchten mich mehrfach zusammen zu schlagen.
Nun war ich wieder alleine, auf mich gestellt.
Die Einsamkeit machte mir zu Schaffen. Kalter Entzug.- Ich zog ihn durch.
Hatte ich es nun endlich geschafft?
Plötzlich (3 Jahre später sah) ich meine Mutter auf der Straße bettelnd wieder.
Sie tat mir Leid. Wie ein Haufen Elend hockte sie dort. Sie schrie hin und wieder laut in die Luft.
Anscheinend hatte sie ihre Wohnung verloren. Der Anblick brachte mich dazu, eine Zigarette an zu zünden.
Ich kaufte ihr etwas zum Essen, steckte ihr 10 Euro zu und suchte nach Lösungen, doch fand keine.
Sie war total abgemagert. Mit ihren 1,75 wog sie schätzungsweise 35 kg.
Ich musste sie halten, damit sie überhaupt laufen konnte und nahm sie mit zu mir nach Hause.
Dort angekommen lies ich ihr ein Bad ein. Ich badete sie und kleidete sie neu ein.
‚Mama, du musst einen Entzug machen sonst stirbst du. Mama, bitte, Mama.’
Sie sprach nicht viel. ‚Junge, du hast es geschafft. Du hast eine schöne kleine Wohnung. Ich habe nichts. Ich habe nur meine Drogen.’ – ‚Aber Mama, du hast doch mich. Ich bin jetzt wieder da. Ich werde mich um die kümmern. Zusammen schaffen wir das.’ – Sie schrie mich an: ‚Du hast dich die ganze Zeit nicht um mich gekümmert. Es ist zu spät. Du hast deine arme Mutter alleine gelassen. Ich kann dir nicht vertrauen.’
Als sie sich wieder beruhigt hatte, ging ich um die Ecke einkaufen.
Kaum hatte ich die Wohnung betreten, sah ich sie auf dem Boden liegen.
Sie hatte sich eine Überdosis Heroin gespritzt.
Augenblicklich rief ich Krankenwagen aber alle Versuche, sie wieder ins Leben zu holen, waren vergebens.
Das war übrigens gestern.
Ich habe Stunden lang geweint. Ich kann nicht mehr.
Das hier werden wahrscheinlich die letzten Zeilen sein, die ich schreiben werde.
Ich habe meinen Laptop bei mir und sitze gerade auf diesem Hochhaus.
Sicher bin ich mir noch nicht, was ich gleich tun werde.
Mir stehen zwei Varianten zur Auswahl: Shore oder Springen.
Vielleicht werde ich auch beides kombinieren.
Jetzt, wo ich weiß, dass der Albtraum gleich ein Ende hat, fühle ich mich freier, wie ein Vogel, der sich gleich in die Lüfte abheben lässt und über alle Dächer fliegt.
Eine Innere Stimme in mir sagt mir, dass ich fliegen kann, wenn ich will. Ich muss nur daran glauben.
Meine Beine baumeln herab. Das Adrenalin hält sich dezent.
Wenn ich diesen Text gleich veröffentlicht habe und die Presse hier ist, werde ich springen.
Anbei habe ich schon seit 15 min die 6 Cameras laufen.
Versucht nicht, mich auf zu halten. Lasst mich gehen. Ich halte diese Schmerzen nicht mehr auf.
Es hat keinen Sinn, mich mein Leben lang mit Tabletten und Spritzen ruhig zu stellen.
Ich habe Angst. Ich habe aber keine Angst vor dem Tod. Die Einzige Angst ist die, die ich vor meiner Vergangenheit, meiner Zukunft und meinem jetzigen Zeitpunkt habe. Ich habe Angst vor dir, vor euch, vor allem, was es gibt.
Ich habe sogar Angst vor dir und am Schlimmsten für mich ist dieses ewige Einsamkeit, diese Haltslosgkeit.
Wer weiß, ob es mich überhaupt gibt.
Ich scheiß drauf! Ich will frei sein. Vielleicht spüre ich das alles nicht mehr, wenn ich tot bin.
Vielleicht ist er Tod mein Freund, ein Freund, der immer für mich da sein wird, der mich nicht im Stich lässt und abschiebt, weil er jemand Besseres gefunden hat sondern für den ich das Beste bin, was ihm je passiert ist.
Ich liebe diese Form der Kunst auch, wenn sie Krank ist aber du kennst mich nicht.
Du weißt nicht, wer ich bin. Du liest nur diesen Text und hats eventuell ein bisschen Mitgefühl für mich übrig.
Das reicht mir nicht. ‚ Wie viel kostet die Welt?! Ich will sie nicht bezahlen. Ich will sie als Geschenk- von mir selber. Ich will, dass sie mir gehört und ich sie steuern kann. ’
Das habe ich gerade wirklich in die Luft hinaus gerufen.
Und wenn ich sie besitzen würde, wäre sie nicht real sondern erfunden.
Vielleicht bin ich ja auch erfunden und ich habe mich selber erfunden.
Vielleicht habe ich diese Lebensgeschichte, die ich durchlebt habe, creiert.
Somit wäre ich das boshafteste Wesen.
Ich verdiente nichts und wenn ich nichts bin, bin ich alles.
Gerade habe ich mir die Spritze vorbereitet, mein Arm ist abgebunden.
Den Reste werdet ihr über die Live-Übertragung/ Webcam im Internet sehen.
Ich werde mich jetzt mit dem Rücken zum Abgrund setzen, mir das Heroin spritzen und mich nach hinten fallen lassen.
…
by
Sam Artemis Proud
Manchmal sehe ich ein Bild vor mir, welches eine ungeordnete Wohnung beinhaltet.
Überall im Raum liegen Spritzen, weiße Pulver und andere Drogen herum.
Ein kleines hilfloses Kind sitzt auf einem unreinen Sofa, während seine vollkommen herunter gekommene Mutter etwas geplättet nach dem nächsten Schuss suchtet.
In der Wohnung befindet sich kein Spielzeug.
Der Gesamte Inhalt ist wahllos verteilt.
Das Kind ist etwa 5 Jahre alt, hat jedoch schon Dinge erlebt, die einige nie erleben werden und fühlt sich viel reifer.
Es ist nichts zum Essen da außer eine offene Chipspackung, deren Inhalt über dem kleinen Tisch ausgeschüttet liegt.
Das Haar der Mutter ist fettig, ihre Kleidung wurde seit Tagen nicht gewechselt.
Häufig übergibt sie sich. Wenn sie sich nicht gerade übergibt, schießt sie sich ab.
Die Wohnung verlässt sie schon seit Wochen nicht mehr außer um zum Dealer zu gehen,
wo sie ihre täglich steigende Menge an Drogen bekommt.
Die Lebensmittelprodukte sind längst abgelaufen, das Geschirr seit Monaten nicht abgewaschen worden.
Ihr Kind versucht seiner Mutter immer wieder zu helfen.
Nach kurzer Zeit gibt es auf, weil es weiß, dass sie sich nicht ändern wird.
Besuch der Mutter kommt selten, das Kind kann niemandem diese Umstände zeigen, da sich sonst das Jugendamt einschaltet und es aus diesem Haushalt in ein Heim oder andere Unterkünfte steckte, wo ihn Körperverletzungen erwarten.
Es gibt keinen Weg zurück und es gibt wahrscheinlich auch keinen Weg aus dieser Misere.
Manchmal erinnert das kleine Kind sich an seine Omas und den einen Opa, der Andere ist im Krieg ums Leben gekommen.
Es hat ihn nie kennen gelernt.
Die Mutter seines Vaters war Prostituierte und kam um’s Leben, als sie sich weigerte einen Freier zu befriedigen.
Der Zuhälter beauftragte einen seiner Aufpasser, sie um zu legen. Mit 4 Schüssen hat man sie erschossen.
Die andere Oma starb an den Folgen der Drogen, wie auch ihr Mann, der sich nach ihrem Tod von einem 27stöckigem Hochhaus in die Tiefe stürzte.
Es gab also niemanden, der sich um das kleine Geschöpf kümmern wollte.
Bereits mit 5 Jahren fing es an zu rauchen, mit 6 an zu kiffen und mit 9 spritze es sich das erste Mal Heroin.
Die Mutter bekam schon lange nichts mehr mit. Sie vegetierte vor sich hin.
Ab und an besuchten sie 2 Männer, die Lederjacken trugen. Darunter verstecken sie ihre Waffen.
Der eine der Männer war vermutlich der Vater des Kindes.
Ein Vaterschaftstest wurde nie gemacht. Man ging davon aus, dass er der leibliche Vater war.
Unterhalt zahlte er nicht. Er war auf der Flucht. Hin und wieder brachte er etwas zum Essen vorbei.
Wenn er drauf war, stellte er diesem kleinen Wesen eine Flasche Vodka und zwei gefüllte Döner vor die Nase.
Der kleine Engel war dankbar dafür auch, wenn er lieber normal aufgewachsen wäre.
Sein Vater war jedes Mal ziemlich schnell wieder weg, nachdem er der Mutter androhte, ihr die Kehle auf zu schlitzen.
Fast immer war er betrunken. Häufig war auch ich betrunken, weil ich es nicht mehr aus hielt.
Dann schlug er mich. Er schlug mich jedes Mal.
Erzählen, dass ich schwul bin, konnte ich ihm nicht. Vielleicht war ich es auch gar nicht. Vielleicht bildete ich es mir ein.
Ich war gerade mal 11 Jahre.
Weil ich mich fast immer im Inneren der Wohnung befand, um mich um meine Mutter zu kümmern,
lieferte mich nie jemand ins Krankenhaus ein.
Mit der Zeit hatte ich die Schnauze voll. Ich wollte weg aus diesen Ruinen.
Auch, wenn sie meine Mutter war, ließ ich sie im Stich.
Ich hatte diesen Jungen kennen gelernt. Er hieß Kalle.
Kalle war bereits 25 und lebte in einer ziemlich herunter gekommenen Wohnung in Kreuzberg.
Es sah und roch dort geradezu wie in einem besetzen Haus.
Heute nahem er mich zum ersten Mal mit auf einen abgelegenen Sportplatz.
Lägst hatte dort niemand mehr Sport getrieben. Unkraut befand sich am Rasen.
Dort, wo sich einmal Umkleideräume und eine kleine Turnhalle befanden, sah man lauter Junkies.
Die eine Frau, die eigentlich nicht viel älter als ich sein konnte, hatte ihr 2 Jahre altes Kind vor sich im Dreck sitzen.
Ich denke, es war Shore, die sie sich spritze. Neben ihr zogen einige Nasen oder rauchten Bong.
Ein fürchterliches Durcheinander. Nicht lange dort gewesen, bot mir bereits ein Ticker Trips an.
Mich schockierte gar nichts mehr. Es war ein Bild der traurigen Kunst.
Die 3 Kästen Bier und etlichen anderen alkoholischen Getränke, waren weg wie nichts.
Betrunken, bekifft und gefixt, verließen mein Kumpel und ich das Gelände, um in eine Kneipe zu gehen.
Zunächst wollte der Zapfer mir keinen Alkohol mehr ausschenken.
Kalle und seine Kumpels drohten ihm an, die Bude auseinander zu nehmen. Mehr weiß ich nicht mehr.
Später wachte ich im Krankenhaus auf. Mir war fürchterlich schlecht, ich übergab mich ständig.
Um mich herum standen viele Ärzte und Schwestern. Verschwommen sah ich sie an.
Alles schmerzte mir. Ich war kurz davor zu sterben. Plötzlich war ich weg aber sie schafften es, mich wieder zu beleben.
Anscheinend hatten sie dies auch getan, als sie mich ins Krankenhaus brachten.
Kalle traf ich Monate später zufällig wieder auf der Straße.
Er beleidigte und grölte mich an, ich solle mich verpissen. Ich würde ihm nur Ärger einbrocken.
Mittlerweile hauste ich übrigens in einer dieser Jugendstellen, nachdem ich den Entzug hinter mich gebracht hatte.
Dort sind sie übrigens nicht sehr sanft mit mir umgegangen.
3 Mal steckten sie mich in Zwangsjacken, 10 Mal fixierten sie mich ans Bett, weil ich versucht habe, einen Betreuer und den Arzt mit der Schere ab zu stechen, als sie meinen Ausbruch verhinderten.
Tage danach fand ich Gefallen an einem Mädchen, das bei uns eingeliefert wurde.
Ich wurde etwas ruhiger. Sie war ebenfalls hier wegen Drogen. Auch sie fixte.
Nun war ich 13 Jahre alt, sie war 16 aber das machte mir nichts aus.
Dafür, dass ich schon im Kindesalter derartige Erfahrungen mit Drogen gesammelt hatte, hatte ich sexuell noch gar keine.
Wie sie mir später erzählte, war sie 5 Jahre anschaffen gegangen.
Sie war ein sehr verletzliches, aggressives Mädchen. Für mich war sie eine Frau, die Frau, die ich haben musste.
Ehe ich mich um sah, zog sie mich in den Toilettenvorraum der Mädchen.
Sie riss mir die Kleidung vom Leib und setzte sich auf mich während ich auf diese Toilette unter mir hatte.
Als ich sie dann später fragte, ob wir nun zusammen sind, behauptete sie, nannte sie mich ‚Arschloch’.
Ich solle mich verpissen. Sie ging auf ihr Zimmer. Von dem Tag an, sprach sie nicht mehr mit mir.
2 Tage später lieferten sie einen Jungen bei mir ein, den sie in mein Zimmer verlegten.
Er trug schulterlanges, schwarzes Haar, das ihm eine Gesichtshälfte verdeckte.
Seine Hose schmückten Karos und sein Shirt enthielt die Aufschrift ‚Proud to be minority!’.
Mein English war nicht gut genug, um diesen simplen Satz zu übersetzen.
Als ich ihn fragte, was das bedeute und, wer er eigentlich ist, überraschte mich seine ehrliche Schüchternheit.
‚Ich bin stolz eine Minderheit zu sein. Damit meine ich, dass in dieser Welt vieles schief läuft. Sie verletzen mich. Ich bin lieber alleine, als mich Leuten an zu passen, die nichts im Kopf haben. Ich heiße übrigens Dorian.’
Nun sollte ich mit Dorian mein Zimmer teilen. Ich mochte seinen Blick. Er war so traurig und verletzlich.
Seine Arme bluteten, weil er sie zuvor auf geschnitten hatte.
Einige Stellen waren mit Verbänden bedeckt, wodurch sein Blut drang.
Als es Nacht war, setzte er sich an meinem Bett auf die Bettkante und starrte mich an.
Ich fragte ihn, was los sei. Wir hatten uns immer gut verstanden. Nun wollte er bei mir im Bett schlafen.
Während ich Dorian in die Augen blickte, hob ich meine Bettdecke an.
Er kuschelte sich an meine Brust. ‚Bitte, schlag mich nicht.’
Warum sollte ich ihn schlagen? - Ich hatte keinen Grund dafür.
Als er dann zitternd eingeschlafen war, küsste ich seine Stirn.
War ich also doch schwul?
Morgens klingelte mein Wecker. Ich wecke meinen kleinen Sonnenschein auf, da die Betreuer gleich kommen würden.
Mit bekommen durften sie dies natürlich nicht.
Seit ich in dieser Jugend-WG, in der ich momentan hauste, durfte ich Dorian nicht mitbringen.
Ich traf mich häufig mit ihm. Es dauerte nicht lange, bis wir wieder rückfällig wurden.
Aber mein Drogenkonsum war zunächst viel geringer als zuvor.
Einmal liebten wir uns in einem Park.
Als ich 15 wurde, lebte ich bei einem Bekannten in Potsdamm. Dorian und ich waren nun schon seit einiger Zeit ein Paar.
Der Bekannte, bei dem wir unter kamen, war übrigens ebenfalls schwul.
Er stand auf mich. Als Dorian dann nach Berlin zurück fuhr, um einige Dinge zu holen, versuchte Marc mich flach zu legen.
Ich machte ihm klar, dass ich das nicht wollte aber er ließ nicht locker.
Nachdem er versucht hatte, mich zu vergewaltigen und ich mich mithilfe eines Messeres gewehrt hatte, betrat mein Freund die Wohnung erneut. Marc war damals der Meinung, ihm würde zu stehen, mit mir zu verkehren, weil wir bei ihm wohnten.
Blutend lag er auf dem Boden. Wir verbanden ihn und brachten ihn ins Krankenhaus.
Nun folgte mir eine Anzeige wegen Körperverletzung. Das war Notwehr! Aber wie sollte ich das dem Richter erklären?!
Mein Freund und ich packten unsere Sachen zusammen und stellten sie in einem Haus unter, das wir von nun an besetzten.
Die erstens Nächte störte uns dort keiner. Ein paar Nächte später lagen in den Badezimmern Spritzen von Junkies.
Eigentlich wollten wir aufgehört haben, zu fixen aber das Leben fickte uns jeden Tag und das war ein Weg zum Runterfahren also taten wir es wieder und wieder.
Kondome benutzen wir nie- egal, mit wem wir verkehrten. Durch die Drogen und die Ausweglosigkeit war uns das egal geworden. Mit 20 erfuhr ich dann, dass er infiziert war. HIV. Glücklicher Weise hatte ich mich nicht angesteckt.
In der Zwischenzeit hatte ich etliche Freunde und auch einige Freundinnen gehabt.
Von wem er es bekommen habe, weiß ich bis heute nicht.
Als ich 18 war, meldete ich mich zum ersten Mal bei der Arge.
Eine Sozialarbeiterin, der ich versicherte, clean zu sein, vertrat mich.
Merkwürdiger Weise bekam ich relativ zügig eine Wohnung und finanzielle Unterstützungen.
Meine Kumples von der Straße wollten alle bei mir einziehen. Als ich den meisten von ihnen klar machte, dass das nicht geht, weil ich in ein normales Leben treten möchte, wendeten sie sich von mir ab.
Einige sprachen nicht mehr mit mir. Andere schlichen mir hinterher und versuchten mich mehrfach zusammen zu schlagen.
Nun war ich wieder alleine, auf mich gestellt.
Die Einsamkeit machte mir zu Schaffen. Kalter Entzug.- Ich zog ihn durch.
Hatte ich es nun endlich geschafft?
Plötzlich (3 Jahre später sah) ich meine Mutter auf der Straße bettelnd wieder.
Sie tat mir Leid. Wie ein Haufen Elend hockte sie dort. Sie schrie hin und wieder laut in die Luft.
Anscheinend hatte sie ihre Wohnung verloren. Der Anblick brachte mich dazu, eine Zigarette an zu zünden.
Ich kaufte ihr etwas zum Essen, steckte ihr 10 Euro zu und suchte nach Lösungen, doch fand keine.
Sie war total abgemagert. Mit ihren 1,75 wog sie schätzungsweise 35 kg.
Ich musste sie halten, damit sie überhaupt laufen konnte und nahm sie mit zu mir nach Hause.
Dort angekommen lies ich ihr ein Bad ein. Ich badete sie und kleidete sie neu ein.
‚Mama, du musst einen Entzug machen sonst stirbst du. Mama, bitte, Mama.’
Sie sprach nicht viel. ‚Junge, du hast es geschafft. Du hast eine schöne kleine Wohnung. Ich habe nichts. Ich habe nur meine Drogen.’ – ‚Aber Mama, du hast doch mich. Ich bin jetzt wieder da. Ich werde mich um die kümmern. Zusammen schaffen wir das.’ – Sie schrie mich an: ‚Du hast dich die ganze Zeit nicht um mich gekümmert. Es ist zu spät. Du hast deine arme Mutter alleine gelassen. Ich kann dir nicht vertrauen.’
Als sie sich wieder beruhigt hatte, ging ich um die Ecke einkaufen.
Kaum hatte ich die Wohnung betreten, sah ich sie auf dem Boden liegen.
Sie hatte sich eine Überdosis Heroin gespritzt.
Augenblicklich rief ich Krankenwagen aber alle Versuche, sie wieder ins Leben zu holen, waren vergebens.
Das war übrigens gestern.
Ich habe Stunden lang geweint. Ich kann nicht mehr.
Das hier werden wahrscheinlich die letzten Zeilen sein, die ich schreiben werde.
Ich habe meinen Laptop bei mir und sitze gerade auf diesem Hochhaus.
Sicher bin ich mir noch nicht, was ich gleich tun werde.
Mir stehen zwei Varianten zur Auswahl: Shore oder Springen.
Vielleicht werde ich auch beides kombinieren.
Jetzt, wo ich weiß, dass der Albtraum gleich ein Ende hat, fühle ich mich freier, wie ein Vogel, der sich gleich in die Lüfte abheben lässt und über alle Dächer fliegt.
Eine Innere Stimme in mir sagt mir, dass ich fliegen kann, wenn ich will. Ich muss nur daran glauben.
Meine Beine baumeln herab. Das Adrenalin hält sich dezent.
Wenn ich diesen Text gleich veröffentlicht habe und die Presse hier ist, werde ich springen.
Anbei habe ich schon seit 15 min die 6 Cameras laufen.
Versucht nicht, mich auf zu halten. Lasst mich gehen. Ich halte diese Schmerzen nicht mehr auf.
Es hat keinen Sinn, mich mein Leben lang mit Tabletten und Spritzen ruhig zu stellen.
Ich habe Angst. Ich habe aber keine Angst vor dem Tod. Die Einzige Angst ist die, die ich vor meiner Vergangenheit, meiner Zukunft und meinem jetzigen Zeitpunkt habe. Ich habe Angst vor dir, vor euch, vor allem, was es gibt.
Ich habe sogar Angst vor dir und am Schlimmsten für mich ist dieses ewige Einsamkeit, diese Haltslosgkeit.
Wer weiß, ob es mich überhaupt gibt.
Ich scheiß drauf! Ich will frei sein. Vielleicht spüre ich das alles nicht mehr, wenn ich tot bin.
Vielleicht ist er Tod mein Freund, ein Freund, der immer für mich da sein wird, der mich nicht im Stich lässt und abschiebt, weil er jemand Besseres gefunden hat sondern für den ich das Beste bin, was ihm je passiert ist.
Ich liebe diese Form der Kunst auch, wenn sie Krank ist aber du kennst mich nicht.
Du weißt nicht, wer ich bin. Du liest nur diesen Text und hats eventuell ein bisschen Mitgefühl für mich übrig.
Das reicht mir nicht. ‚ Wie viel kostet die Welt?! Ich will sie nicht bezahlen. Ich will sie als Geschenk- von mir selber. Ich will, dass sie mir gehört und ich sie steuern kann. ’
Das habe ich gerade wirklich in die Luft hinaus gerufen.
Und wenn ich sie besitzen würde, wäre sie nicht real sondern erfunden.
Vielleicht bin ich ja auch erfunden und ich habe mich selber erfunden.
Vielleicht habe ich diese Lebensgeschichte, die ich durchlebt habe, creiert.
Somit wäre ich das boshafteste Wesen.
Ich verdiente nichts und wenn ich nichts bin, bin ich alles.
Gerade habe ich mir die Spritze vorbereitet, mein Arm ist abgebunden.
Den Reste werdet ihr über die Live-Übertragung/ Webcam im Internet sehen.
Ich werde mich jetzt mit dem Rücken zum Abgrund setzen, mir das Heroin spritzen und mich nach hinten fallen lassen.
…
by
Sam Artemis Proud
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